Veranstaltung: | Landesparteitag |
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Tagesordnungspunkt: | 1. Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | LPT |
Eingereicht: | 28.03.2019, 18:38 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Tierschutz darf nicht an Grenzen enden
Beschlusstext
Schon lange sind vielen Menschen die Zustände bei Tiertransporten insbesondere
in bestimmte außereuropäische Drittstaaten ein Gräuel. Die Berichte der letzten
Wochen haben uns einmal wieder deutlich vor Augen geführt, dass es noch keine
ausreichenden Mechanismen zur Kontrolle des Tierschutzes bei diesen Transporten
und in den Zielländern gibt. Die Bilder leidender Rinder auf tagelangen LKW-
Fahrten und unhaltbarer Zustände auf Schlachthöfen vor Ort sind unerträglich und
sind unvereinbar mit den Zielen des Tierschutzes in Deutschland und der EU. Die
aktuellen wirtschaftlichen Zusammenhänge, in denen sich der Import von
Lebendtieren günstiger für Drittländer darstellt als der Import von Fleisch, das
nach unserer ethischen Vorstellungen hergestellt wurde, hat ein System
geschaffen, in dem Tiere mit ihrem Leid den Preis zahlen. Jeder Transport von
Tieren von über acht Stunden Dauer ist für uns nicht mit dem Verfassungsauftrag
Tierschutz vereinbar. Für uns ist klar: Kein Wegsehen! Tierschutz darf nicht an
der EU-Außengrenze enden.
Zu Recht wollen Veterinär*innen nicht länger die Verantwortung für Tierleid auf
den ewig langen Transporten quer durch Europa und die Anrainerstaaten übernehmen
und haben die Problematik erneut in die Öffentlichkeit getragen.
Wir begrüßen die jüngsten Erlasse des MELUND, mit denen Schleswig-Holstein als
erstes Bundesland die Problematik erkannt und eine Vorreiterrolle bezüglich des
konsequenten Vorgehens gegen Tiertransporte in bestimmte Länder eingenommen hat.
Der vorübergehende Transportstopp in die Länder Türkei, Jemen, Libanon, Marokko,
Algerien, Ägypten, Aserbaidschan, Syrien, Jordanien, Kasachstan, Kirgistan,
Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan war ein erster Schritt, um die
genehmigenden Veterinär*innen in der aktuellen Diskussion zu schützen. Mit dem
darauffolgenden unbefristeten Erlass drängt das MELUND zum Schutz der
transportierten Tiere nochmals ausdrücklich und nachhaltig auf die konsequente
Einhaltung der EU-Tiertransportverordnung. Schleswig-Holstein hat damit neben
Bayern und Hessen eine Vorreiterrolle beim Thema Tierschutz auf Transporten
eingenommen.
Diese Erlasslage kann jedoch nur ein Zwischenschritt zu einer dauerhaften
politischen Lösung sein. Entsprechend hat das MELUND einen Antrag für die
nächste Agrarministerkonferenz formuliert, der den Bund zum Handeln auffordert,
Tiertransporte drastisch einzuschränken oder jedenfalls substantielle
Verbesserungen für die Tiere auf dem Transport und eine Einhaltung von
Tierschutzstandards in den Zielländern sicherzustellen. Die Bundesregierung ist
jetzt in der Verantwortung: Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner muss für
die längst überfällige Klärung der Rechtslage sorgen und den Veterinär*innen
Rechtssicherheit verschaffen. Nur durch eine bundesweite Regelung kann zudem
verhindert werden, dass Transporte von Tieren aus Schleswig-Holstein über andere
Bundesländer abgefertigt werden. Wir Grüne fordern Frau Klöckner auf, das
Tierleid zu beenden.
Auch die EU sehen wir in der Pflicht, einheitliche Regelungen und Mittel zur
Kontrolle zu schaffen. Darüber hinaus müssen effektive Vorschriften und
Kontrollen zur Gewährleistung des Tierschutzes für alle Tiertransporte erlassen
werden. Deshalb unterstützen wir das MELUND bei den Bemühungen auf bundes- und
europäischer Ebene, insbesondere bei der EU-Verordnung 1/2005, für eine
deutliche Verbesserung des Tierschutzes und dessen Durchsetzung. Wir fordern
daher:
- Ein Exportverbot von Tieren zur Schlachtung in Drittländer.
- Einen grundsätzlichen Stopp des Exports von Zuchttieren und die Umstellung
auf Samen- bzw. Embryoexporte zur Zucht in Drittländer.
- Innerhalb der EU eine deutliche Reduktion der Anzahl der Transporte und
die Beschränkung der Transportdauer auf maximal acht Stunden.
- Ein lückenloses Netzwerk von Kontrollstellen auf den Transportrouten
innerhalb der EU, sowie die überprüfbare Gewährleistung von
Versorgungsstationen auf den Transportrouten.
- Die konsequente Nutzung moderner Technologien zur Überwachung der
Bedingungen auf den Transporten und eine Aussetzung der Transporte bei
vakanten Temperaturen wie z.B. über 30° C.
Solange diese Forderungen noch nicht umgesetzt sind, fordern wir für Transporte
in Drittstaaten weiterhin:
- Ausnahmen für einen Export von Zuchttieren oder eine Überschreitung der
Höchstdauer von acht Stunden dürfen nur in gut begründeten Fällen und für
sehr gut überwachte Transporten erlassen werden. Insbesondere muss eine
positive Beurteilung über die Einhaltung der Bestimmungen der VO(EG)
Nr.1/2005 bis zum Bestimmungsort auch außerhalb der EU vorliegen und darf
Nachteiliges aus vorherigen Transporten nicht bekannt sein. Die Einhaltung
der Bestimmungen ist unmittelbar am Ziel zu kontrollieren.
- Ein europäisches Zertifizierungssystem für Kontrollstellen,
Versorgungsstationen und Schlachthöfe in Drittstaaten, mit dem die
Standards des europäischen Tierschutzes auch jenseits der Außengrenzen
effektiv sichergestellt werden können.
- Die zügige Abfertigung an der EU-Außengrenze und die Errichtung von
Versorgungseinrichtungen für den Fall von Verzögerungen.
- Ein europäisches Informationssystem zur Sammlung von Daten und Fakten über
Tierschutzverstöße bei Transporten oder Schlachtungen in Drittstaaten.
Hieran sollen auch NGOs beteiligt werden.
- Möglichkeiten zur Untersagung von Transporten in Drittstaaten mit
auffällig negativen Einträgen zu Tierschutzverstößen im europäischen
Informationssystem.
- Das Ende von Exporten in Länder, in denen EU- bzw. OIE-Tierschutzstandards
nicht gewährleistet werden können.
Begründung
Erfolgt mündlich
Die Dringlichkeit ergibt sich aus der Datierung des ersten Erlasses des MELUND nach Antragsschluss am 25. Februar 2019. Seit diesem Zeitpunkt handelte es sich um ein landespolitisches Thema, welches seitdem sowohl parteiintern als auch öffentlich intensive Debatten ausgelöst hat. Eine Positionierung der Partei erscheint angesichts des politischen Handlungsbedarfs in dieser Frage notwendig.